Highlights aus der Wissenschaft & Forschung

Briefing des TraWeBa-Projekts (Q1/2023)

Batteriechemie

In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IWS ist eine Studie über das chemisch-mechanische Verhalten von kolumnaren Siliziumschichten als Anodenmaterial für hochenergetischen Lithium-Ionen-Batterien veröffentlich worden. Hierbei konnten Energiedichten von 1101 und 873 Wh L-1 in mehrschichtigen Pouch-Zellen für N/P-Verhältnisse von 1,1 bzw. 2,0 erzielt werden.[1]

Am Fraunhofer IKTS wurden Untersuchungen zu elektronischen und ionischen Eigenschaften von gesinterten NMC622-Kathoden unter Verwendung eines niedrigschmelzenden Glases (enthält B2O3, ZnO, Bi2O3) veröffentlicht. Für die elektrochemische Analyse wurde die poröse Mikrostruktur mit einem Flüssigelektrolyten gefüllt und eine Ladekapazität von 140 mAh g-1 (bei C-Rate von C/50) erreicht. Allerdings wurde in einem Festkörperbatterieaufbau mit PEO-Separator keine elektrochemische Performance beobachtet.[2]

Die Arbeitsgruppe von Wang et al. (University of Maryland) präsentiert einen neuen Elektrolytansatz für Hochenergie Lithium-Ionen-Batterien. Das Elektrolytgemisch aus fluorierten Estern und einem hochfluorierten Ether (1 M LiTFSI MDFA/MDFSA–TTE) konnte in einem breiten Temperaturbereich (-60 – 60 °C) in NMC811-Graphit-Vollzellen betrieben werden. Darüber hinaus zeigten praxisorientierten 4,5 V-Pochzellen (3,5 Ah g-1) Kapazitätsretentionen von größer 83%über 300 Zyklen lang bei Raumtemperatur.[3]

Batterieproduktion & Digitalisierung

Der Umfeldbericht zum europäischen Innovationssystem Batterie 2022 ist nun erschienen. Im Fokus des Berichts stehen die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen des europäischen Batteriemarktes, die in vier Kapiteln gegliedert in die verschiedenen Industriefelder der Batteriezellproduktion beleuchtet werden – von der Rohstoffgewinnung, Materialherstellung und Recycling, über den Maschinen- und Anlagenbau und Messtechnik hin zur Zellherstellung. Außerdem werden die Möglichkeiten der Fraunhofer FFB als Transfereinheit zur schnelleren industriellen Einsatzfähigkeit von Prozesstechnologien nachvollzogen.[4]

Der Prozess des Batteriezellendesigns reicht von der Materialauswahl, dem Elektrodendesign und der internen Zellenstruktur bis hin zu den externen Zellabmessungen, einschließlich der elektrischen und mechanischen Kontakte und anderer Schnittstellen zum Batteriemodul oder -pack. Die zu Ende 2022 veröffentlichte Studie (s.u.) beleuchtet diese zahlreichen Designkriterien. Ausgehend vom Status quo werden die wichtigsten Trends für die nächsten Jahre identifiziert und mit den Anforderungen an den Produktionsprozess in Beziehung gesetzt. So wird mit einer Integration Si-basierter Anoden in größerer Skalierung in LIBs in den nächsten 5-10 Jahren gerechnet. Energiedichte-optimierte Zellen könnten NMCA-basierte und kostenoptimierte Zellen verstärkt LFP-basierte Kathodenmaterialien nutzen. Durch Zelloptimierungen werden Energiedichten von rund 800 Wh L-1 in 2025 und 900 Wh L-1 in 2030 erwartet.[5]

Beim Whitepaper »Der Digitale Zwilling in der Batteriezellfertigung« stehen der Einsatz und die Potenziale, die digitale Zwillinge in verschiedenen Bereichen der Batteriezellfertigung entfalten können, im Fokus. Zusammen mit acht weiteren führenden Forschungsinstitutionen aus dem » FoFeBat«-Projekt wurde das Konzept Digitaler Zwillinge für die Batteriezellfertigung entwickelt. Dieses unterscheidet zwischen dem digitalen Anlagenzwilling, dem digitalen Produktzwilling und dem digitalen Gebäudezwilling. Das aktuelle Whitepaper beschreibt die praktische Umsetzung des Konzepts an der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB.[6]

Batterierecycling

Berechnungen des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung ISI zeigen, dass ab 2030 in Europa mit einer Menge von 420 Kilotonnen Altbatterien (Trendszenario) zu erwarten ist – und dessen Umfang sich bis 2040 auf 2100 Kilotonnen erhöhen kann. Die Mehrheit der EU-Rücklaufmengen wird ab 2025 zunächst aus dem Ausschuss der stark wachsenden Zellproduktion kommen. Erst zur Mitte der 2030er Jahre werden EoL-Batterien der Elektromobilität die dominante Quelle für das Recycling darstellen. Insgesamt zeigt sich, dass die zurückgewonnenen Materialien (Rezyklate) mittel- bis langfristig den benötigten Bedarf nicht allein bedienen können.[7]

Forschende des KIT haben ein mechanochemisches Recyclingverfahren entwickelt und damit demonstriert, dass Recycling ohne korrosive Chemikalien, hohe Temperaturen und vorherige Sortierung auskommen kann. Mit Aluminium als Reduktionsmittel lassen sich Kathodenmaterialien unterschiedlicher chemischer Zusammensetzungen recyclen und u.a. bis zu 70% des Lithiums rückgewinnen. Das energieeffiziente Verfahren ist kostengünstig und soll leicht industriell skaliert werden können.[8]

Eine neue Recyclingmethode der schwedischen Linné-Universität, die ein flüssiges Lösungsmittel aus Harnstoff und Essigsäure verwendet, konnte über 97% des Kobalts aus LCO-LIBs unter optimierten Bedingungen rückgewinnen. Die Reaktion funktioniert bei 180 °C und soll insgesamt gut skalierbar sein, da keine hohen Betriebstemperaturen (wie z. B. im polymetallurgischen Prozess) und keine gefährlichen Stoffe (wie etwa im hydrometallurgischen Prozess) erforderlich sind.[9]

Literatur

[1] S. Cangaz et al., Adv. Mater. Interfaces. 2023, 10, 2202314. https://doi.org/10.1002/admi.202202314

[2] K. Waetzig et al., Ceram. Eng. Sci. 2022, 4, 340-348. https://doi.org/10.1002/ces2.10155

[3] J. Xu et al., Nature 2023, 614, 694-700. https://doi.org/10.1038/s41586-022-05627-8

[4] T. Poulsen et al., Umfeldbericht zum europäischen Innovationssystem Batterie 2022, Fraunhofer Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB, 2022. https://www.ffb.fraunhofer.de/content/dam/ipt/forschungsfertigung-batteriezelle/Dokumente/Fraunhofer_Umfeldbericht_Innovationssystem_Batterie_2022.pdf

[5] C. Neef et al., Development perspectives for lithium-ion battery cell formats, Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research ISI, 2022: https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/cct/2022/Development_perspectives_for_lithium-ion_battery_cell_formats_Fraunhofer_2022.pdf

[6] S. Krauß et al., Der Digitale Zwilling in der Batteriezellfertigung, Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB, 2023. http://dx.doi.org/10.24406/publica-496

[7] T. Schmaltz et al., Recycling von Lithium-Ionen-Batterien wird in Europa stark zunehmen, Batterie-Update des Fraunhofer ISI, zu finden unter https://www.isi.fraunhofer.de/. (letzter Zugriff: 15.05.2023): https://www.isi.fraunhofer.de/de/blog/themen/batterie-update/recycling-lithium-ionen-batterien-europa-starke-zunahme-2030-2040.html

[8] O. Dolotko et al., Commun. Chem. 2023, 6, 1-8. https://doi.org/10.1038/s42004-023-00844-2

[9] S. Suriyanarayanan et al., ACS Omega 2023, 8, 6959–6967. https://doi.org/10.1021/acsomega.2c07780

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