23 Studien aus der Wissenschaft & Forschung – Batterie & AKKU
Abstract
Die Forschungslandschaft zu Lithium-Ionen-Batterien entwickelt sich laufend weiter. Mit dem nachfolgenden Quartalsbericht möchten wir Ihnen ausgesuchte, jüngere Entwicklungen aus dieser Landschaft vorstellen. Unsere Einschätzung zu deren Bedeutung findet sich in ergänzenden, ausgewählten Punkten unter Chancen und Herausforderungen, die als Anregung zu verstehen und nicht vollständig sind. Bei Interesse an einer tieferen Diskussion stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung
Ansprechpartner TraWeBa Summary Briefing
Am St.-Niclas-Schacht 13 | 09599 Freiberg
Ansprechpartner: Dr. Christian Kensy
Tel.: +49 (0) 3731 2033-158
E-Mail: christian.kensy@ikts.fraunhofer.de
Das Forschungsgebiet der Lithium-Ionen-Technologie entwickelt sich durch neue Innovationen stetig weiter. Im folgenden Quartalsbericht wird ein Einblick in aktuelle Forschungsthemen, neue Materialentwicklungen und alternative Zellkonzepte für die Technologieschwerpunkte Batteriechemie, Batterieproduktion & Digitalisierung und Batterierecycling gegeben. Hierbei liegt v. a. für den Bereich der Batteriezellproduktion der Fokus auf dem Thema der Sensorik und Fehlervermeidung.
Einblick in Materialentwicklungen für Lithium-Ionen-Batterien
Die (Weiter-)Entwicklung von neuen oder bereits etablierten Batteriematerialien oder -technologien wird kontinuierlich weitergeführt, da die Nachfrage an Batterien mit immer höheren Energiedichten, Sicherheitsanforderungen, Lebensdauer sowie Nachhaltigkeitsaspekten stetig zunimmt. [1]
Ein neues und schnell wachsendes Forschungsfeld ist mit dem Konzept des hoch-entropischen Designs gegeben, welches sich mit der Erhöhung der chemischen Komplexität beschäftigt. Hierbei wird eine höhere Unordnung durch die Einführung von kompositionellen Störkationen- und/oder Anionen in den Materialien induziert. Es konnten verschiedene hoch-entropische Kathoden- und Anodenmaterialien sowie feste/flüssige Elektrolyte mit verbesserten Leistungen oder Stabilitäten für sowohl Natrium als auch Lithium-Ionen-Batterien demonstriert werden. Einen Einblick in dieses Forschungsfeld geben Straus et al. in einem Perspective. Darüber hinaus werden mögliche Forschungsrichtungen sowie Weite-rentwicklungsmöglichkeiten diskutiert. Allerdings sind zukünftige Studien noch erforderlich, um die allgemeine Anwendbarkeit auf alle Arten von Batteriemateralien, v. a. denen von industrieller Bedeutung, zu untersuchen.[1]
Da das hoch-entropische-Designkonzept noch nicht umfangreich auf weit verbreitete industrielle Materialien wie Olivin oder geschichtete Kathoden und Legierungsanoden angewendet wurde, hat dieses Verfahren großes Potenzial mit Hilfe von Dotierungen, Defekt-Engineering und Oberflächen-modifikationen die entsprechenden Batterie-technologien zu verbessern.
Um die Tragfähigkeit der hoch-entropischen Materialien gewährleisten zu können, müssen Herausforderungen wie die skalierbare Synthese, Verfügbarkeit von Präkursoren oder Vorläufersubstanzen, Kosten und der Umwelteinfluss gezielt adressiert werden. Dementsprechend würden beispielweise aus wirtschaftlicher und ökonomischer Sicht hohe Pyrolysetemperaturen zur Synthese eine großflächige Anwendung behindern.
Einblick in Weiterentwicklungen der Anodenseite in Lithium-Ionen-Batterien
Perowskit-Keramikoxide (ABO3) haben sich gegenüber den konventionell eingesetzten Graphitanoden als alternatives Anodenmaterial erwiesen, da in den Perowskit-Strukturen Lithium eingelagert werden kann. Neben Sn- und Ti-basierten Strukturen bilden Perowskite auf Pb-Basis ein interessantes Material mit elektrochemischer Aktivität. [2]
Eine Kooperation der Arbeitsgruppe Fichtner (Helmholtz Institut Ulm, Karlsruher Institut für Technologie) und Barpanda (Indisches Institut für Wissenschaft) präsentieren zum ersten Mal die Anwendung von BaPbO3 und SrPbO3 als Anodenmaterial in LIB, wobei Blei als Pb4+ die B-Position in der Perowskit-Struktur besetzt. Beide ent-wickelten Materialien zeigen reversible Ladekapazitäten von über 330 mAh g-1 in den ersten Zyklen. Insbesondere das BaPbO3-Anodenamterial weist sowohl bei hohen als auch bei Raumtemperatur sehr gute Ratenperformance und Lebensdauer auf, sodass bei 50 ⁰C eine initiale Ladekapazität von 382 mAh g-1 (bzw. 5,6 Lithium-Ionen pro Formeleinheit) beobachtet wird. Ex-situ Materialcharakterisierungen haben ergeben, dass zunächst eine anfängliche Umwandlung von Pb(IV)/Pb(II) zu Pb(0) erfolgt und anschließend eine reversible (De-)Legierungsreaktion (Li-Pb) für die Ladungsspeicherung abläuft. Diese Forschungsarbeit eröffnet die Möglichkeiten zur Entwicklung von weiteren Perowskitgerüststrukturen für die Anodenanwendung in (Post)-Lithium-Ionen-Batterien. [2]
Aus wissenschaftlicher Sicht bilden die Pb-basierten Perowskite auf der B-Position, die aus einer Umwandlungslegierung bestehen, ein neue und interessante Stoffklasse für Anodenmaterialien, da diese auf für (Post)-Lithium-Ionen-Batterieanwendungen weiterentwickelt werden können.
Die Einführung von Blei ist v. a. aus ökologischen Gründen kritisch zu betrachten, da Bleiverbindungen gesundheitsschädlich (s. g. CMR-Stoff) und sehr giftig für Wasserorganismen sind. Des Weiteren wurden die Perowskit-Anodenmaterialien aus-schließlich in Halbzellen getestet, weswegen Aussagen zur anwendungsorientierten Nutzung in Vollzellen noch ausstehen.
Sulfidische Festelektrolyten wie Lithiumthiophosphat (β-Li3PS4)
Während der Zyklierung von LIB führen verschiedene Degradationsreaktionen an den Elektroden zu Kapazitätsverlusten, geringe Lebensdauer oder Zellversagen. Mit Hilfe von mechanischem Druck auf den Zellstapel kann das Degradationsverhalten wie Kontaktverlust durch Volumenexpansion eingeschränkt und die Zellperformance positiv beeinflusst werden. [3,4]
Die Arbeitsgruppe von Gasteiger et al. haben die Auswirkungen des mechanischen Drucks auf die Elektrodenstabilität in Vollzellen, bestehend aus Anoden mit mikroskaligem Silizium und NCA-Kathoden, untersucht. Zur Charakterisierung wurden federkomprimierte T-Zellen mit metallischem Lithium als Referenzelektrode angewandt, womit ein Druckbereich von 0,02 MPa bis 2,00 MPa analysiert werden konnte. Hierbei wird der Druck mit Hilfe von Federn ausgeübt, um die Kompression den Zellstapel präzise einstellen zu können. Die Ergebnisse der elektrochemischen Zyklierung bei C/2 zeigen, dass ein hoher Druck auf den Zellstapel von 2,00 MPa negative Auswirkungen auf die Lebensdauer hat (Hälfte der Zyklenzahl im Vergleich zum Normaldruck – 0,2 MPa). Aus den Resultaten konnte ein optimaler Druckbereich 0,02 – 0,70 MPa (Optimum für Anode mit miroskaligem Silizium: 0,2 MPa) abgeleitet werden, welcher ähnlich von graphitbasierten Systemen ist. Somit können vorhandenen Zellhalterungssysteme für größere Demonstratorzellen angewendet werden. [4]
Die Untersuchungsmethode in T-Zellen bietet die Möglichkeit diverse Elektrodenmaterialien zu analysieren, um zum einen den optimalen Druckbereich für den untersuchten Zellstapel definieren und zum anderen das Degradationsverhalten der einzelnen Elektrodenmaterialien charakterisieren zu können.
Die Überführung der Erkenntnisse auf größere Zellformate (z. B. Pouchzellen oder Rundzellen) erfordert weitere detaillierte Untersuchungen und gegebenenfalls Weiterentwicklungen für den entsprechenden Messaufbau.
Einblick in Weiterentwicklungen für alternative Batterietechnologien
Eine alternative Batterietechnologie ist mit der sog. Dual-Ion Battery gegeben, bei der sowohl Kationen als auch Anionen aus dem Elektrolyten in die Elektroden eingelagert bzw. entnommen und wieder in den Elektrolyten zurückgeführt werden. Hierfür werden polymerbasierte Aktivmaterialien eingesetzt, da aufgrund des weniger komplexen Einlagerungs-mechanismus höhere Leistungen und Langzeit-stabilitäten erzielt werden können. [5,6]
Die Forschungsgruppe von Kasnatscheew et al. präsentieren eine Studie zur Auswirkung erhöhter Massenbeladungen (1 mg cm-2) auf die Leistung in einer Doppel-Ion-Batterie auf Basis von γ-Butyrolacton als Elektrolyt und Poly(2,2,6,6- tetramethylpiperidinyloxy-4-yl methacrylat) (PTMA) als Aktivmaterial. Es werden verschiedene Li-Salze mit dem gut dissoziierenden Lösungsmittel γ-Butyrolacton variiert, um den Einfluss der Anionengröße auf die Leistung zu analysieren. Hierbei werden gesteigerte Zyklenstabilitäten für LiDFOB (Lithiumdifluor(oxalat)borat) und (LiBOB) Lithiumbis(oxalat)borat beobachtet, selbst bei spezifischen Strömen von 1,0 A g-1 (~10C). Somit spielt die Anionengröße eine eher untergeordnete Rolle, sodass andere Faktoren wie die Wechselwirkungen zwischen Li-Ionen und den Elektroden von größerer Bedeutung sind. Darüber hinaus zeigt LiDFOB eine aussichtsreiche Ratenleistung, d. h. es werden bis zu 90% der Kapazität bei 5,0 A g‑1 (~50C) erzielt und wirkt sich zusätzlich positiv auf das Plating/Stripping-Verhalten der Li-Metallelektrode aus. Die verbesserte Leistungsperformance kann auf einen schnelleren Ladungstransfer, erhöhten Beitrag für die der Pseudokapzität während der Reaktionen innerhalb der PTMA-Elektrode sowie auf geringere Überspannungseffekte an der Li-Metallelektrode zurückgeführt werden. [6]
Die gewonnen Erkenntnisse können sowohl auf andere Doppel-Ion-Batteriesysteme als auch auf weitere Batterietechnologien mit γ-Butyrolacton als Elektrolytbasis übertragen werden.
Für die Anwendung von PTMA-Elektroden mit höheren Aktivmassebeladungen sollten die Elektrodenoberfläche und die daran stattfindenden Reaktionen für eine tiefgehendes Verständnis intensiv untersucht werden.
Einblick in Weiterentwicklungen der Kathodenseite in Lithium-Ionen-Batterien
Die Detektion und Quantifizierung von parasitären Nebenreaktionen in einer LIB kann die Weiterentwicklung von zukünftigen sowie stabileren Elektrodenmaterialien vorantreiben. Dabei sind operando-Messmethoden eine große Hilfe, um diese Reaktionen besser zu verstehen und Effekte auf die elektrochemische Leistung bewerten zu können. [7]
Reuter et al. stellen eine Methode zur Quantifizierung von freigesetzten Gittersauerstoff und Übergangsmetallionen von einer NCA-Kathode (LiNi0.80Co0.15Al0.05O2) vor. Hierfür wird ein 3-Elektroden-Aufbau genutzt, wobei eine Kohlenstoff-basierte Referenzelektrode und eine teilweise delithiierte Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) als Gegenelektrode eingesetzt werden. An der Referenzelektrode können reduktive Ströme analysiert werden, wohingegen die NCA-Arbeitselektrode gegen die LFP-Gegenelektrode polarisiert wird. Anhand von voltammetrischen Scans wird gezeigt, wie das Potential der Referenzelektrode, während der (Ent-)Ladevorgänge der NCA-Kathode, für die Detektion bestimmter Nebenreaktionen ausgewählt werden kann. Dadurch ist eine Unterscheidung zwischen freigesetztem Gittersauerstoff bzw. gelösten Übergangsmetall möglich. Es konnte mittels elektrochemischer Online-Massenspektrometrie ein Verbrauch von ca. 2,3 Elektronen/O2 im verwendeten LP47-Elektrolyten bestimmt werden. Außerdem konnten bei höheren Potenzialen (> 4,65 V vs. Li/Li+) die Beiträge der Reduktion der Übergangsmetallionen anhand des Vergleichs des integrierten Stroms der Referenzelektrode mit der O2-Entwicklung quantifiziert werden. [7]
Mit Hilfe der vorgestellten operando-Messmethodik können neue aussichtsreiche Informationen zum Degradationsverhalten von innovativen Elektrodenmaterialien gewonnen werden, die für die Weiterentwicklung von stabilen Hochleistungselektroden unerlässlich sind.
Die elektrochemische Analyse in innovativen Messaufbauten wie dem 3-Elektroden-Zelldesign kann zwar neue tiefgründige Erkenntnisse zu den ablaufenden Prozessen liefern, jedoch werden die Zellen meist nicht unter anwendungsorientierten Bedingungen (z. B. Elektrolytüberschuss, Vollzellaufbau) getestet.
Fehlerbilder im Fertigungsprozess zu Lithium-Ionen-Batterien
Im Rahmen des letzten Summary Briefing des TraWeBa-Projektes (Q3/2024)[1] wurden Fehlerbilder im Bereich Batteriechemie & Produktion unter dem Titel „Signifikanz von Qualitätssicherung in der Batterieproduktion“ vorgestellt. Davon ausgehend wurden Opportunitäten für Verbesserungspotenziale der Ausschussraten beschrieben, welche vor allem in den Prozessschritten Dosieren und Mischen, Beschichten, Trocknen und der Assemblierung lokalisiert sind.
[1] Siehe https://traweba.de/wp-content/uploads/2024/10/24-10-21_TraWeBa_Summary-Briefing_Q32024_final.pdf
Beim Dosieren und Mischen konnten fünf Hauptprobleme identifiziert werden. Die Bildung von Feststoffagglomeraten, also „Verklumpungen“ und weiterer Inhomogenitäten, kann zu einer Einschränkung der weiteren Prozessierbarkeit des Elektroden-Slurrys führen. Durch hohe Scherkräfte innerhalb des Mischers können Primärpartikel Schaden nehmen oder gar zerstört werden, was die Zellperformance negativ beeinträchtigt. Ablagerungen schwerer Komponenten am „Boden“ des Slurrys (Sedimentation) schränkt ebenfalls die Zellperformance ein, kann aber auch die mechanische Integrität der Elektrode stören. Am Ende des Mischprozesses findet ein Vakuumierschritt statt. Wird dieser nicht umfassend genug durch-geführt, kann es zu Inhomogenitäten durch Luftblaseneinschlüsse kommen, die in späteren Prozessschritten zu Fehlern führen können. Abschließend ist noch die Einbringung von Verunreinigungen zu nennen, die einen großen Einfluss auf Performance, Lebenszeit und sogar Sicherheit haben kann.
Auch im Schritt des Beschichtens können Feststoffagglomerate Fehler verursachen und im schlimmsten Fall sogar Anlagenschäden in nach-folgenden Prozessschritten. Fehlerbilder, welche direkt im Beschichtungsprozess auftreten können, sind unbeschichtete Flächen, Streifenbildung, Löcher und Vertiefungen. Diese führen zu Einbußen der Lebenszeit und der Performance der Batterie. Zudem führt eine unterschiedliche Dicke der Beschichtung zu variierender Porosität und erhöht somit die Gefahr der Dendrit-Bildung, während dickere Randbeschichtungen Probleme beim Elektrodenstapeln verursachen können. Im Trocknungsprozess sind das Abplatzen der Beschichtung und die Bildung von Brüchen in der Elektrodenpaste häufige Fehler. Diese erschweren nicht nur die Handhabung der Elektroden in den Folgeprozessen, sondern haben auch einen negativen Einfluss auf die Performance sowie Lebensdauer der Zellen. Zudem kann die Migration von Komponenten die Homogenität der Elektrode beeinträchtigen
Für die Zellassemblierung ist eine hohe Genauigkeit bei der Positionierung der Elektroden entscheidend, insbesondere beim Einzel-Blatt-Stapeln. Verschobene Blätter führen zu verringerter nutzbarer Fläche zur Energiespeicherung und können inhomogene Verhältnisse im Zellinneren verursachen, was die Dendrit Formierung begünstigt und sicherheits-relevant ist.
Trotz dieser vielfältigen Fehlerbilder entlang der Prozesskette zur Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien, gibt es großes Potenzial für Innovationen in der Qualitätssicherung. Eine passgenaue Zuordnung von Detektionsmöglichkeiten zu den beschriebenen Fehlerbildern wird nachfolgend vorgenommen.
Detektionsmöglichkeiten zu Fehlerbildern in der LIB-Zellfertigung
Die Sicherstellung von Qualitäts- und Effizienzanforderungen in der Batteriezellfertigung erfordert eine präzise Identifikation und Analyse von Fehlerbildern entlang der gesamten Produktions-kette. Hierbei spielen moderne Sensortechnologien eine zentrale Rolle, da sie geeignet sind, spezifische Fehlerbilder frühzeitig zu erkennen und Rückschlüsse zu ihren Ursachen zu ziehen. Die Auswahl passender Sensorklassen und Messmechanismen ist entscheidend, um Fehlerquellen effektiv zu überwachen und gezielt Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Bereits im ersten Produktionsschritt, dem Dosieren und Mischen der Rohstoffe, kommt es darauf an, die Homogenität des Elektroden-Slurrys sicherzustellen. Neben Bildverarbeitungssystemen und Nahinfrarot (NIR)-Sensoren, die Feststoffagglomerate erkennen, kommen Coriolis-Messgeräte zum Einsatz. Diese Geräte messen Massefluss und Dichte in Echtzeit und bieten damit eine indirekte Möglichkeit zur Überwachung der Viskosität. Sie zeichnen sich durch hohe Genauigkeit und Robustheit gegenüber Prozessschwankungen aus, sind jedoch kostenintensiv und erfordern sorgfältige Kalibrierung. Ergänzend liefern Rotationsviskosimeter oder Inline-Viskositätssensoren kontinuierliche Daten zu den Fließeigenschaften des Slurrys, während dynamische Lichtstreuungssysteme präzise Partikelgrößenanalysen ermöglichen. [8]
Im Beschichtungsprozess kommen Kamerasysteme und Laser-Sensoren zum Einsatz, um unbeschichtete Flächen oder Streifenbildung zu erkennen. Moderne Kamerasysteme, ausgestattet mit Algorithmen für Edge Detection oder Mustererkennung, ermöglichen eine präzise Fehlerdetektion in Echtzeit. Laser-Triangulationssensoren messen zusätzlich die Schichtdicke, indem sie den Abstand zur Elektrodenoberfläche hochgenau bestimmen. Der Vorteil dieser Technologien liegt in ihrer Flexibilität und Messgenauigkeit, jedoch sind sie empfindlich gegenüber Staub, Lichtverhältnissen und anderen Umgebungsfaktoren. Ergänzend gewährleisten röntgenbasierte Dichteanalysen und kapazitive Messsysteme die Kontrolle der Materialdichte und -verteilung, um eine gleichmäßige Beschichtung zu garantieren. [9]
Im Trocknungsprozess ist die Überwachung von Temperaturprofilen, Schichtdickenhomogenität und Restfeuchte von entscheidender Bedeutung. Temperatur- und Feuchtesensoren wie Thermoelemente oder kapazitive Feuchtesensoren liefern zuverlässige Messdaten, die für die Prozesskontrolle genutzt werden. Oberflächeninspektionssysteme, oft mit 3D-Laserprofilometern kombiniert, detektieren Risse und Abplatzungen in der getrockneten Schicht. Diese Systeme bieten detaillierte Einblicke in die Oberflächenqualität, können jedoch unter extremen Bedingungen wie hoher Temperatur oder Staubbelastung an Genauigkeit verlieren. [10]
Beim Kalandrieren, also der Verdichtung der Elektroden, sind Schichtdicken- und Porositätsmesssysteme von zentraler Bedeutung. Kapazitive Sensoren oder optische Interferometer messen die Schichtdicke mit hoher Präzision, während Gasadsorptionsanalysen zur Bestimmung der Porosität eingesetzt werden. Diese Messverfahren tragen dazu bei, die mechanischen und elektrochemischen Eigenschaften der Elektroden zu optimieren, sind jedoch mit hohen Investitionskosten verbunden. Beim anschließenden Slitting-Prozess überwachen hochauflösende Kamerasysteme die Schnittkanten auf mögliche Grate oder Fehlstellen. Durch den Einsatz von Algorithmen zur Kantendetektion wird die Genauigkeit der Überwachung weiter erhöht. [11]
Die Restfeuchtemessung während des Vakuum-trocknens erfolgt häufig mittels kapazitiver oder resistiver Feuchtesensoren, die in der Lage sind, selbst geringe Restfeuchtewerte präzise zu detektieren. Diese Daten sind entscheidend, um die Qualität der Elektroden für den Übergang in die üblicherweise in Trockenraumatmosphäre durch-geführte Zellassemblierung sicherzustellen. [10]
In der Zellassemblierung wird die präzise Positionierung der Elektroden durch hochauflösende Kamerasysteme oder Computertomografie (CT) überprüft. CT-Scans bieten hierbei exakte dreidimensionale Darstellungen der Zellstruktur, sind jedoch oftmals kosten- und zeitaufwändig. In den Schweißprozessen zur Zellassemblierung kommen Ultraschall- und Röntgensensoren zur Prüfung der Schweißnähte zum Einsatz. Während Ultraschallsensoren durch ihre zerstörungsfreie Prüfung überzeugen und besonders für die Serienproduktion geeignet sind, bieten Röntgensensoren eine noch genauere Analyse der Nahtstruktur, erfordern jedoch aufwendige Schutzmaßnahmen und geschultes Personal. Ergänzend wird der Hi-Pot-Test (High Potential Test) durchgeführt, um die elektrische Isolationsfestigkeit der Schweißverbindungen zu prüfen. Dieses Verfahren legt eine Hochspannung an die Verbindungsstellen an, um mögliche Kurzschlüsse oder Isolationseinschränkungen frühzeitig zu erkennen. Es ist besonders effektiv für die Detektion mikroskopischer Fehler, erfordert jedoch robuste Testvorrichtungen und eine sorgfältige Sicherheitsüberwachung. [12]
Zur Erkennung von Leckagen in der Elektrolytbefüllung wird der Helium-Bombing-Test angewendet, während elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS) eine präzise Bewertung der Zellkapazität und -leistung erlaubt. Dieses Verfahren ermöglicht es, die elektrochemischen Vorgänge an den Grenzschichten im Zellinneren elektrisch zu charakterisieren, ist jedoch zeitintensiv und erfordert spezialisierte Ausrüstung.
Implikation fortschrittlicher Messtechnologien für die Zellfertigung
Das Marktwachstum im Bereich der Lithium-Ionen-Batterien (LIB) ist im Vergleich zu vielen anderen relevanten Zielmärkten für Messmittelhersteller außergewöhnlich schnell. Während viele traditionelle Märkte, wie beispielsweise die Automobil- oder Elektronikindustrie, stabile, aber eher moderate Wachstumsraten aufweisen, wird der LIB-Markt bis 2030 mit jährlichen Wachstumsraten von über 20% prognostiziert. Diese Dynamik wird vor allem durch den steigenden Bedarf an Elektrofahrzeugen und die zunehmende Elektrifizierung in verschiedenen Sektoren, einschließlich stationärer Speicher und Nutzfahrzeuge, angetrieben. Die schnell wachsende Nachfrage nach LIB bietet signifikante Synergien für Messmittelhersteller. Technologien, die zur Qualitätskontrolle, Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung in der Batteriezellproduktion eingesetzt werden, können auch in anderen Industriesektoren Anwendung finden. Zum Beispiel könnten innovative Messtechniken, die ursprünglich für die LIB-Produktion entwickelt wurden, auch in der Automobilindustrie oder in der Fertigung von Elektronikprodukten eingesetzt werden. Darüber hinaus könnte die Entwicklung neuer Messmittel zur Überwachung von Batterieleistung und -sicherheit auch Vorteile in verwandten Märkten wie der Elektromobilität bringen. Die Kombination von Expertise aus dem LIB-Sektor mit anderen Industrien könnte dazu führen, dass Messmittelhersteller nicht stationären Energiespeicherung oder der nur von der steigenden Nachfrage im LIB-Markt profitieren, sondern auch ihre Produktportfolios diversifizieren und neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen können. [13]
Tabelle 1: Exemplarische Fehlerbilder, Auftrittswahrscheinlichkeit, Kritikalität und Messmethode des Beschichtungs- & Trocknungsprozesses.
Die Integration moderner Messtechnologien in Kombination mit digitalen Lösungen bietet ein enormes Potenzial, die Effizienz und Qualität in der Batteriezellfertigung entscheidend zu verbessern. Fortschrittliche Sensorik liefert präzise Echtzeitdaten, die durch digitale Technologien analysiert und für Prozesssteuerung genutzt werden können. Studien belegen, dass durch den Einsatz solcher Technologien die Ausschussraten um bis zu 10,3 % reduziert werden können, was bei einer Produktionskapazität von 40 GWh jährliche Einsparungen von rund 30 Millionen USD ermöglicht. Ein entscheidender Vorteil liegt in der kontinuierlichen Prozessführung. Sensoren wie Coriolis-Messgeräte zur Überwachung des Slurrys, Lasertriangulationssysteme zur Schichtdickenkontrolle oder Infrarotsensoren zur Restfeuchtemessung ermöglichen eine dynamische Anpassung der Produktionsparameter in Echtzeit. Diese Prozessoptimierung verbessert nicht nur die Produktkonsistenz, sondern reduziert auch Energieverluste um durchschnittlich 9,3 %, was die Nachhaltigkeit der Fertigung erheblich steigert. Zusätzlich eröffnet die Kombination aus Sensorik und KI-gestützten Anwendungen neue Möglichkeiten, um Predictive Maintenance zu implementieren. So können ungeplante Stillstände durch vorausschauende Wartung um 7,2 % reduziert werden. Zugleich verlängert eine optimierte Überwachung der Produktionsanlagen deren Lebensdauer, wodurch langfristig weitere Kosten eingespart werden. Neben diesen Vorteilen fördern cloudbasierte Plattformen die effiziente Verarbeitung und Speicherung der von Sensoren erfassten Daten. Diese Systeme ermöglichen nicht nur die zentrale Kontrolle der Produktionsprozesse, sondern auch standortübergreifende Analysen, die zu einer flexibleren Fertigung führen. Dies ist insbesondere für Zellhersteller relevant, die unterschiedliche Formate und Chemien parallel produzieren. Für Messtechnik-Hersteller eröffnet sich durch diese Entwicklungen ein wachsender Markt, der hohe Nachfrage nach vernetzten und hochpräzisen Messlösungen bietet. Durch spezialisierte Produkte wie In-line-Sensorik oder hybride Messsysteme können sie maßgeblich zur Optimierung der Batterieproduktion beitragen und gleichzeitig stabile Einnahmen generieren. Das Potenzial, eine Schlüsselrolle in der digitalen Transformation der Batteriefertigung einzunehmen, unterstreicht die strategische Bedeutung dieses Sektors für die Messtechnikindustrie. Die Kombination aus präziser Messtechnik und digitalen Technologien bietet somit eine ideale Grundlage, um die Effizienz, Qualität und Nachhaltigkeit der Batteriezellproduktion zu steigern und gleichzeitig neue Marktpotenziale zu erschließen. [14]
Predictive Quality zur Ausschussreduzierung in der Batterieproduktion
In einer umfassenden Analyse untersuchen Forscher vom Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen das Potenzial von prädiktiven Qualitätssystemen in der Batterieproduktion und deren Anwendung, um die Produktionseffizienz zu steigern und gleichzeitig Ausschuss zu minimieren. Dabei wird besonders die Rolle von maschinellem Lernen und daten-getriebenen Ansätzen hervorgehoben, die bereits in vielen Industrieprozessen zur Qualitäts-vorhersage genutzt werden. [15]
Ein konkretes Beispiel liefert der Einsatz neuronaler Netze im Bereich der Elektrodenbeschichtung. Hier wird modelliert, wie unterschiedliche Beschichtungsgewichte und -dicken die Batteriekapazität und den Innenwiderstand beeinflussen. Die gewonnenen Erkenntnisse erlauben eine präzise Optimierung der Prozessparameter, was die Zellqualität signifikant verbessert. Ebenso werden Entscheidungsbäume genutzt, um Qualitätsmerkmale wie die Nassbeschichtungsdicke von Elektroden vorherzusagen und deren Einfluss auf die Endprodukteigenschaften zu bewerten Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz von Support Vector Machines (SVM) die Klassifikation von Merkmalen, etwa zur Unterscheidung fehlerhafter und hochwertiger Zwischenprodukte. Dies trägt dazu bei, die Qualitätssicherung effizienter zu gestalten. Semantische Segmentierung, eine Methode der visuellen Objekterkennung, wird ebenfalls angewandt, um beispielsweise Laser-Scans in der Produktion zu analysieren und relevante Qualitätsklassen zuzuweisen.
Die Kombination dieser datengetriebenen Ansätze zeigt, wie prädiktive Qualitätssysteme entlang der gesamten Batterieproduktionskette eingesetzt werden können, um eine kontinuierliche Optimierung der Prozessparameter durchführen zu können.
Die Vorhersage der Qualität in der Batterieproduktion bietet das Potenzial, durch die frühzeitige Identifikation von Qualitätsabweichungen die Ausschussrate signifikant zu senken und die Gesamtproduktionseffizienz zu steigern. Dies führt zu einer optimierten Ressourcennutzung, einer höheren Produktqualität und einer Reduzierung von Produktionskosten. Maschinelle Lernalgorithmen könnten die Prozesskontrolle optimieren, indem sie auf Basis von Echtzeitdaten Anpassungen vornehmen, die die Produktqualität über alle Produktionsphasen hinweg sicherstellen.
Trotz des großen Potenzials sind die Herausforderungen in der Umsetzung erheblich. Dazu gehören die Notwendigkeit, eine umfassende Infrastruktur zur Datenerfassung und -verarbeitung zu schaffen, die Auswahl geeigneter Algorithmen und die Implementierung der entsprechenden Technologien zur Inline-Datenerhebung. Der Zugriff auf qualitativ hochwertige und umfassende Daten ist oft eingeschränkt, da nicht alle relevanten Prozessparameter während der Produktion messbar sind. Darüber hinaus müssen prädiktive Modelle ständig angepasst und optimiert werden, um sicherzustellen, dass sie genaue Vorhersagen liefern und die Produktionsprozesse kontinuierlich verbessert werden.
Entwicklung eines Traceability Systems zur Reduzierung von Produktfehlern
In einer weiteren Studie analysieren Forscher von der Technischen Universität Braunschweig die Implementierung eines Rückverfolgbarkeitssystems als Teil eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) in der Lithium-Ionen-Batteriezellfertigung. Ziel ist es, die Herausforderungen traditioneller Ansätze zu überwinden und die Qualitätssicherung während der Elektrodenfertigung durch kontinuierliche Markierungstechnologien und merkmalsbasierte Identifikationstechnologien zu verbessern. Ein konkretes Beispiel für kontinuierliche Markierungstechnologien ist die Verwendung von DataMatrix-Codes (DMC), die auf Elektrodenblätter gedruckt werden, um diese während des Produktionsprozesses eindeutig zu kennzeichnen und ihre Produktionsdaten zu verknüpfen. [16]
Die Einführung eines solchen Systems trägt dazu bei, die Komplexität der Prozesskette zu bewältigen, indem es ermöglicht, die Verarbeitungs- und Produktgeschichte jedes produzierten Objekts zu rekonstruieren. Besondere Bedeutung kommt dabei der Festlegung von Traceable Resource Units (TRUs) und der Identifizierung kritischer Rückverfolg-barkeitspunkte zu. Der Ansatz vereinfacht die Verfolgung und Analyse von Fertigungsdaten, wie etwa der Beschichtungsmasse der Elektroden, um Performance- und Sicherheitsprobleme frühzeitig zu identifizieren.
Die Rückverfolgbarkeitssysteme bieten die Möglichkeit, umfassende Daten zu sammeln und zu verknüpfen, was die Prozessqualität und Produktionsgeschwindigkeit verbessern. Durch die erweiterte Transparenz entlang der Fertigungskette können Produktionsfehler schneller erkannt und behoben sowie die Effizienz und Nachhaltigkeit der Produktion gesteigert werden.
Die erfolgreiche Implementierung erfordert die Entwicklung spezifischer Technologien, wie die eindeutige Kennzeichnung und Inline-Identifikation von TRUs sowie die Integration komplexer Datenquellen. Insbesondere die Nachverfolgung und Datenverknüpfung bei kontinuierlichen Prozessen und der Verschmelzung verschiedener Materialien stellen Herausforderungen dar, die weitere Forschung und Entwicklung benötigen.
Nutzung von Bildverarbeitungsmethoden und künstlicher Intelligenz zur Erkennung von Defekten im Laserschweißprozess
Forscher aus Süd-Korea haben einen Ansatz vorgestellt, der ausschließlich Bilddaten nutzt, um Laser-Schweißnähte in „IO“ (In Ordnung) und „NIO“ (Nicht in Ordnung) zu klassifizieren. Dazu wurden Bildvorverarbeitung, Transfer-Learning und Datenaugmentation kombiniert, um die Genauigkeit des Modells zu verbessern. Eine Methode zur Visualisierung, die zeigt, welche Bildbereiche den größten Einfluss auf das Ergebnis haben, wurde eingesetzt, um die Entscheidungsprozesse des Modells nachvollziehbar zu machen. Dies ermöglicht eine bessere Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Modellvorhersagen. Die Methode erreichte eine Genauigkeit von 98 %, was eine Steigerung von 45 % gegenüber der Klassifikation mit Rohdaten darstellt. Durch diese Algorithmen wurde das Ziel erreicht, die Klassifizierung der Laser-Schweißnähte mittels künstlicher Intelligenz zu optimieren und die Entscheidungsfindung über die Qualität der Schweißnähte zu erleichtern. [17]
Die vorgestellte Methode ermöglicht eine schnelle und kosteneffiziente Qualitätsprüfung, ohne dass zusätzliche Hardware erforderlich ist, da bestehende Inspektionskameras verwendet werden können. Durch die präzise Fehlererkennung, insbesondere bei den Schweißnähten an Batterie-Sammelschienen, können Sicherheitsrisiken wie Überhitzung und Brände reduziert werden, was die Sicherheit in der Automobilindustrie deutlich erhöht. Die Methodik ist flexibel und lässt sich auf weitere Laser-Schweißanwendungen übertragen, wodurch eine breitere industrielle Nutzung möglich wird.
Die Ergebnisse der Methode hängen stark von der Bildqualität und den gewählten Vorverarbeitungsmethoden ab, was die Anpassung an unterschiedliche Produktionsbedingungen erschweren kann. Außerdem ist es notwendig, die Methode kontinuierlich anzupassen, um neue Fehlerklassen zu berücksichtigen. Die langfristige Stabilität und Generalisierbarkeit der Ergebnisse bei wechselnden Produktionsumgebungen bleibt ebenfalls eine Herausforderung.
Neuronale Netze zur frühzeitigen Vorhersage der Qualität von Lithium-Ionen-Batterien
An der Technischen Universität München (TUM) wurde ein umfassender Data-Mining-Ansatz zur Vorhersage der Qualität von Lithium-Ionen-Batterien entwickelt. Im Zentrum stand die Nutzung von maschinellen Lernmethoden, insbesondere linearen und nichtlinearen Support Vector Machines (SVM), zur Vorhersage der Lebensdauer von Batteriezellen basierend auf Produktionsdaten. Ziel war es, die Qualität der Zellen bereits in den frühen Produktionsphasen zu bestimmen und so die aufwendigen und teuren Alterungstests zu ersetzen. Dabei wurde ein Fehler von nur 8,8 % bei der Vorhersage der Lebensdauer und eine Klassifikationsgenauigkeit von 96,6 % bei der Unterscheidung zwischen Zellen mit hoher und niedriger Zykluslebensdauer erreicht. [18]
Die vorgestellte Methode bietet ein großes Potenzial zur Reduktion der Kosten in der Lithium-Ionen-Batterieproduktion, indem sie zeitaufwändige und teure Alterungstests durch eine frühzeitige Qualitätsbewertung ersetzt. Mit einer Klassifikationsgenauigkeit von 96,6 % ermöglicht sie eine präzise Vorhersage der Zykluslebensdauer und trägt so zu einer besseren Qualitätssicherung bei. Dies könnte langfristig nicht nur Produktionskosten senken, sondern auch die Sicherheit und Leistung der Batterien verbessern.
Eine zentrale Herausforderung ist die Komplexität der Produktionsdaten, die eine anspruchsvolle Feature-Extraktion und Modellierung erfordert. Zudem könnte die Übertragbarkeit der Modelle auf unterschiedliche Produktionsbedingungen und Batterietypen schwierig sein. Auch die Anwendung der Methode in Produktionsumgebungen mit begrenzten Daten stellt eine Herausforderung dar.
Aussichten des elektrochemischen Recyclings
In einem umfassenden Review analysieren Forscher des Leibniz-Instituts für Neue Materialien (INM), der Universität Saarbrücken und in Kooperation mit einem Forscher aus Südkorea die möglichen zukünftigen Entwicklungen im Bereich Batterierecycling und dort eine Vielzahl der Recycling- und Prozesstechnologien. Insbesondere das elektrochemische Recycling ist vielversprechend, nimmt man die Recyclingeffizienzen zur Grundlage und berücksichtigt auch weitere Faktoren wie Skalierbarkeit des Prozesses und ökonomische Aspekte. [19]
Die Studie hebt hervor, dass elektrochemisches Recycling eine vielversprechende Lösung für die effiziente und umweltfreundliche Rückgewinnung wertvoller Metalle wie Lithium, Kobalt, Nickel und Mangan aus gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien darstellt – insbesondere auch dann, wenn das Verfahren nach dem sogenannten Leaching der Hydrometallurgie eingesetzt wird. Im Vergleich zu traditionellen Methoden bietet es höhere Selektivität, potenziell geringeren Energieverbrauch und minimiert Sekundärabfälle. Eine hohe Selektivität ist insbesondere bei der Trennung von Cobalt und Nickel (insbesondere bei den sogenannten NMC-Batteriechemien) herausfordernd.
Die Fähigkeiten von elektrochemischem Batterierecycling sind vielfältig und vielversprechend, einen positiven Impakt auf Recyclingeffizienzen und ökonomische Skalierbarkeit zu haben, da sie potenziell weniger Sekundärabfälle abwerfen als andere Recycling-verfahren.
Es gibt nicht das eine elektrochemische Verfahren, sondern auch hier können sehr unterschiedliche Prozesse und Technologien eingesetzt werden. Beispiele sind (teilweise trockene) elektrochemische Regeneration von Elektrodenmaterial oder nasse Verfahren wie die Elektrokoagulation. Es braucht weitere FuE Aktivitäten, um das elektrochemische Recycling weiter zu optimieren.
Direktes Recycling / Regeneration
Forscher aus China liefern spannende Einblicke in die Regeneration von LFP-Kathodenmaterialien von gebrauchten Elektroden bzw. Produktionsausschüssen. Die Reparatur der LFP-Elektrode funktioniert dabei, ohne vorher Verunreinigungen aufwändig entfernen zu müssen. Stattdessen werden der restliche leitfähige Kohlenstoff sowie das Polyvinylidenfluorid (PVDF) in LFP als inhärente Reduktionsmittel eingesetzt. Eine systematische Charakterisierung und Analyse legt dar, dass das Versagen von LFP in erster Linie auf einem signifikanten Verlust von Li⁺ sowie einer Umwandlung von LiFePO₄ in FePO₄ beruht. Von den Autoren konnte nachgewiesen werden, dass sowohl der restliche leitfähige Kohlenstoff als auch das PVDF eine förderliche Rolle bei der Regeneration von LFP-Kathodenmaterial einnimmt. [20]
Die Regeneration und damit das direkte Recycling von LFP-Elektroden in der Zellproduktion verbessert die Materialausnutzung der Rohstoffe und ermöglicht dadurch, Produktionsausschüsse wieder in den Materialkreislauf der Fabrik einzuschleusen. Da LFP-Materialien keine „hochpreisigen“ Materialien wie Nickel oder Kobalt beinhaltet, adressiert die Forschung insbesondere die Verbesserung der Nachhaltigkeit – zeigt aber auch den potenziellen positiven wirtschaftlichen Einfluss des direkten Recyclings von LFP-Kathoden, da Verunreinigungen nicht erst aufwendig beseitigt werden müssten.
Der bei der LFP-Kathodenchemie eingesetzte Binder PVDF ist ein Vertreter der sogenannten PFAS und aktuell insbesondere in Europa in der Diskussion, aus Produkten verboten zu werden. Zu Batterien werden aktuell noch alternativen zu einem Verbot diskutiert. Zwar ist bei LFP auch eine wässrige Verarbeitung ohne PVDF möglich [21], allerdings zeigen die Autoren den positiven Einfluss von PVDF, um das Elektrodenmaterial zu regenerieren.
Recycling von Kobaltfreien Batteriesystemen
Die Marktentwicklung kobaltfreier Lithium-Ionen-Batterien nimmt weiter zu, werfen jedoch Fragen zur Recyclingfähigkeit und den Auswirkungen auf bestehende Recyclingtrends auf, da insbesondere Kobalt ein wertvoller und damit wirtschaftlich wichtiger Rohstoff für die Recycler ist. Eine Studie des IME der RWTHA Aachen u.a. mit Lilian Schwich (Gründerin cylib) präsentiert eine Recyclingstrategie für kobaltfreie Batterien der nächsten Generation und untersucht deren Effizienz anhand von drei Prototypen mit innovativen Materialsystemen (Titan-Niob-Oxid, Kohlenstoff jeweils mit LNMO-Kathode und Silizium/Kohlenstoff) sowie alternativen Elektrolytsystemen (ionische Flüssigkeiten bei Si/C- und gelierte Elektrolyte bei C- und TNO-Anodenmaterial). [22]
Der vorgeschlagene Recyclingprozess kombiniert Pyrolyse, mechanische Trennung, chemische und neutrale Laugung und Metallrückgewinnung. Gelierte Elektrolyte erwiesen sich als thermisch stabiler und weniger toxisch als der Flüssigelektrolyt, erfordern jedoch strenge Maßnahmen zur Eindämmung gefährlicher Emissionen wie bspw. Fluorwasserstoff. Herausforderungen wie Al- und Cu-Kontaminationen sowie Optimierungen bei der Lithiumrückgewinnung und thermischen Behandlung zeigen den Bedarf an weiteren Prozessverbesserungen. Rückgewinnungs-raten für Nickel, Mangan, Lithium und den Anodenkomponenten lagen bei 65–90 % in einem angepassten hydrometallurgischen Recycling-verfahren – und übersteigen damit bereits die im Jahr 2025 kommenden Recyclingverordnungen.
Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass kobaltfreie Batterien mit Modifikationen in bestehende Recyclingprozesse integriert werden können, um nachhaltige Batteriepraktiken zu fördern.
Die Kompatibilität der kobaltfreien Batteriesysteme mit bestehenden Recyclingtechniken, angepasst an deren spezifische chemische Eigenschaften, wird hervorgehoben. Dies unterstützt die Integration neuer Technologien in die Recyclinginfrastruktur, erfordert jedoch eine Weiterentwicklung zur Wiederverwendung gereinigter Materialien für die Batterieproduktion.
Herausforderungen wie Al- und Cu-Kontaminationen sowie Optimierungen bei der Lithiumrückgewinnung und thermischen Behandlung zeigen den Bedarf an weiteren Prozessverbesserungen. Da primär die Performanz des Recyclings betrachtet wurde, können nur bedingt Rückschlüsse gezogen werden auf das wirtschaftliche Recycling von kobaltfreien Batteriesystemen.
Spektrale Charakterisierung als Methode für Sensortechnologie im Batterierecycling
Eine Veröffentlichung von Freiberger Forschern der TU Bergakademie Freiberg und des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) untersucht die spektrale Charakterisierung von Batteriekomponenten aus den Li-Ionen-Batterie-Recyclingprozessen. Die Autoren verwendeten eine Vielzahl von Techniken, darunter Röntgenbeugung, Raman-Spektroskopie und Rasterelektronenmikroskopie, um die verschiedenen Komponenten der Batterien, die aus dem Recyclingprozess kommen, besser zu charakterisieren. Sie fanden heraus, dass die verschiedenen Komponenten unterschiedliche spektrale Signaturen aufweisen, die zur Identifizierung und Trennung verwendet werden können. [23]
Der Nahinfrarotbereich (400–1000 nm) wurde als der am besten geeignete Spektralbereich identifiziert, um zuverlässig zwischen Al, Cu und anderen Batteriekomponenten im Recyclingmaterialstrom zu unterscheiden. Diese Informationen könnten zur Entwicklung effizienterer und umweltfreundlicherer Recyclingprozesse für Li-Ionen-Batterien verwendet werden, da die sensorbasierte Optik das mechanische Sortieren z.B. von Kupfer und Aluminium verbessern kann. Ebenso kann mit Sensoren, die im Infrarotbereich arbeiten, eine Unterscheidung von Separator und Inlay Folien und weiteren Kunststofffragmenten ermöglicht werden, das den Aufwand zur Stofflichen Trennung und Verwertung erleichtern kann.
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[23] J. Richter et al., Metals 2024, 14, 147. https://doi.org/10.3390/met14020147
Die EU-Kommission strebt mit der Einführung des digitalen Produktpasses (DPP) ein nachhaltigeres Europa an. Der DPP ermöglicht es, digitale Informationen über die Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Rechtskonformität von Produkten zugänglich zu machen. Im Fokus steht die Rückverfolgbarkeit von Batterien, um verantwortungsvolle Herstellung, effizientes Recycling und Transparenz entlang der Lieferkette zu fördern. TraWeBa beteiligt sich aktiv an der Rückmeldung, um standardisierte Ansätze für eine nachhaltige Batteriewirtschaft zu unterstützen.
👉 Lesen Sie jetzt unsere Rückmeldung zum DPP für Batterien!
Im Rahmen des TraWeBa-Projekts hatte Techscout Dr. José Diez-Rodríguez die Gelegenheit, mit Dr. Holger Berg vom Wuppertal Institut und Mitglied des europäischen CIRPASS I-Projekts zu sprechen. In CIRPASS II ist er als Mitglied des Expertengremiums aktiv. In diesem Austausch wurde die Bedeutung und Zukunft des Digitalen Produktpasses (DPP) thematisiert, einem zentralen Werkzeug, um Transparenz und Nachhaltigkeit entlang des gesamten Produktlebenszyklus zu ermöglichen. Insbesondere für die Batteriebranche, in der kritische und wertvolle Materialien wiederverwertet werden sollen, stellt CIRPASS I und das inzwischen gestartete CIRPASS II eine wegweisende Initiative dar.
ETA steht in diesem Fall nicht für die erwartete Ankunftszeit eines Verkehrsmittels (engl. estimated time of arrival), sondern vielmehr für den Expertenkreis Transformation der Automobilwirtschaft im BMWK. Es ist ein unabhängiges Beratungsgremium, bestehend aus 13 Personen, das Bundesminister Habeck berufen hat. Dem ETA gehört als einziges ostdeutsches Mitglied Dr. Jens Katzek an, der als Geschäftsführer des ACOD und Projektleiter von TraWeBa fungiert. Am 29. November hat der ETA ein Positionspapier an BM Habeck übergeben, in dem rund 130 Handlungsempfehlungen formuliert sind. Reichlich spät könnte man meinen, aber genau dazu wollen wir uns mit Dr. Jens Katzek austauschen und Fragen stellen: