Batterierecycling – Hype oder Hoffnung? Interview mit Christian Landvogt

E-Fahrzeuge werden unser Straßenbild zunehmend prägen, gleich ob als BEV oder PHEV-Version. Ohne Batterien funktionieren beide nicht und im Laufe der Nutzungsjahre verlieren die Batterien ihre Leistung und werden nach dem Auto-Leben und dem eventuellen second life in externen Speichermodulen irgendwann zur Entsorgung gelangen. Wertvolle Rohstoffe und seltene Erden müssen bzw. dürfen nicht auf der Deponie landen oder der thermischen Verwertung unterzogen werden. Daher bekommt das Batterierecycling zunehmend Bedeutung, um wertvolle Rohstoffe erneut nutzen zu können.

Um zu untermauern, welche Chancen dies bietet und wie Batterierecycling funktionieren kann, haben wir mit Christian Landvogt, Geschäftsführer der GIV Leipzig GmbH, gesprochen, einem Unternehmen der mittelständischen WILLERSINN Gruppe aus Heßheim. Die GIV Leipzig GmbH verfügt bereits über langjährige Erfahrung in den Bereichen Umwelttechnologie, Recycling und bei der Entwicklung von Verwertungsprozessen – bisher hauptsächlich auf dem Gebiet der Gasflaschenentsorgung aber mit Ambitionen für weit mehr. Mit rund 650 Mitarbeitenden an 14 Standorten in Deutschland ist die WILLERSINN Gruppe seit über 50 Jahren aktiv. Die Süd-Müll betreibt am Standort in Heßheim bereits erfolgreich eine der ersten Discharging und Dismantling Anlagen in Deutschland.

Herr Landvogt, wir kennen Sie von unserer Innovation Challenge Batterierecycling vom 8.10.2024. In Deutschland werden viele Strukturen im Bereich des Batterierecycling aufgebaut. WILLERSINN ist eine der Unternehmensgruppen, die diese Entwicklung selbst umsetzt. Wie genau läuft der Recyclingprozess ab, wie müssen wir uns das als Laien vorstellen?

Am Anfang des Recyclings, also der Wiederverwertung bzw. Wiederverwendung, steht immer das Dismantling, also die Demontage und das Tiefenentladen der Batterien. Im Fall des Dismantlings bedeutet dies die Zerlegung der Batterien in deren Module und Zellen, sowie das Abtrennen der elektrischen Steuereinheiten, sowie des Batteriekörpers selbst und ggf. dessen Kühl- oder Heizsysteme. Sind alle Materialen getrennt, können wir mit dem kontrollierten Entladen der Batterien beginnen. Die demontierten Wertstoffe fügen wir einer stofflichen Verwertung zu und können so regionale Kreisläufe schließen. Das sind überwiegend NE- und FE-Metalle, hochwertige Kunststoffe und elektrische Bauteile. In einer nachgelagerten Anlage können seltene Stoffe wie Silizium, Kobalt usw. gewonnen werden. Hier steckt viel Potential für unsere Wirtschaft.

Wie beurteilen Sie die Bedeutung und die Chancen des Batterierecycling? Ist der Hype um dieses Thema nur ein Trend, den viele für sich als Möglichkeit nutzen wollen?

Da stehen die Rohstoffkreisläufe in Europa ganz vorn an. Das führt am Ende zu mehr Unabhängigkeit von globalen Akteuren und hilft dabei, die volatilen Märkte im Rohstoffsektor für den Fahrzeugbau beherrschbarer zu machen. Die Batterien aus den ersten Generationen von E-Autos gehen nun ins Recycling. Wenn wir davon ausgehen, dass eine Batterie vielleicht rund 8 Jahre im Einsatz sein wird und dann eventuell über einen zweiten Lebensweg gehen kann, können wir in rund 8-10 Jahren mit dem Batterie-Recycling – einem völlig neuen Wirtschaftszweig – der dann auch international an Bedeutung gewinnt, so richtig durchstarten. Aber: Wir müssen jetzt damit beginnen, die Prozesse zu studieren, Erfahrungen zu sammeln und Personal zu qualifizieren. Dann werden wir bereit sein. Hier muss auch die Politik mitmachen und die Rahmenbedingungen in Deutschland dafür bereiten.

Im Rahmen der Innovation Challenge haben wir über Herausforderungen im Bereich des Recyclings gesprochen. Welche Themen sind Ihrer Meinung nach besonders wichtig?

Wir brauchen deutlich weniger Regulatorik. Bürokratie hemmt. Und unternehmerische Freiheit sowie gezielte Investitionsförderungen – für alle Interessenten gleich – sind unabdingbar. Wir brauchen ferner eine gut funktionierende und beschreibende Standardisierung. Und wir benötigen ein europäisches Netzwerk – vielleicht sogar ein eigenes TraWeBa Projekt-Team dazu. Wir fangen gerade erst an und die Startgeschwindigkeit reicht noch nicht aus.

Welche Veränderungen sind notwendig, um die E-Mobilität weiter anzukurbeln und was muss getan werden, damit das Batterierecycling in Deutschland die Chance bekommt, die es verdient: Geschäftsmodell oder Flop?

E-Mobilität macht echt Spaß. Jeder, der das schon einmal selbst „erfahren“ hat, wird mir da zustimmen. Aber die Unsicherheiten im Ladeprozess, angefangen bei den Ladepunkten bis zur Abrechnung und den Energiekosten sind einfach noch zu groß und das Gesamtnutzungsmuster ist noch nicht rund. Auch hier ist der Anfang gemacht. Jetzt müssen die Vorteile des E-Fahrens für die Kunden und Nutzer herausgestellt und auf eine solide kalkulierbare Basis gehoben werden. Hier sind die Bundes- und Europapolitik gefragt. Hybride können da eine sehr sinnvolle Übergangstechnik sein. Das Batterierecycling ist dann der Folgeprozess und eine riesige Chance für die deutsche Wirtschaft und deren Unternehmen. Für mich steht fest: Das Batterierecycling ist eine Chance und auf keinen Fall ein Flop. Wenn wir es richtig hinbekommen, ist es ein echtes Geschäftsmodell für die Zukunft der Deutschen Automobilwirtschaft.

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