ETA macht Druck auf Bundesregierung – Dr. Jens Katzek im Interview
Herr Dr. Katzek, warum hat der ETA erst oder gerade jetzt ein solches wertvolles Positionspapier an den Bundesminister übergeben? Wir alle wissen doch, dass schon Anfang kommenden Jahres Neuwahlen anstehen. Ist das nicht viel zu spät?
Dr. Katzek: Ein solches Dokument beinhaltet keine kurzfristigen Themen und Maßnahmen, sondern ist in seiner Gesamtheit von über 40 Seiten eher langfristig angelegt. Das braucht eine tiefgründige Expertise und eben auch etwas Zeit. Die Inhalte selbst sind zu wichtig, als dass diese jetzt aufgeschoben werden dürften. Im Gegenteil, einige Themen müssen sehr schnell angegangen werden. Das duldet keinen Aufschub und wir gehen davon aus, dass dies nicht an Legislaturen oder politische Amtsträger gebunden sein wird. Die Inhalte gelten nicht für eine Person oder Partei, sondern sind elementar für Deutschland und damit für jede politische Regierung bedeutsam.
Wo sehen Sie konkrete Ansätze, die insbesondere für die ostdeutschen Automobilstandorte existenziell sind?
Dr. Katzek: Wir sehen mit großer Besorgnis die steigende Zurückhaltung beim Kauf von E-Fahrzeugen. Wir spüren die große Verunsicherung der Bevölkerung in der Energiepolitik, den Heizungsgesetzgebungen und bei den Lebenshaltungskosten. Das schlägt gerade jetzt beispielsweise bei Volkswagen heftig zu und führt zu noch mehr Kaufzurückhaltung. Und das könnte erst der Anfang sein. Was wir sehr schnell brauchen, ist politische Klarheit, sind Kaufanreize für e-Fahrzeuge und eine günstige bezahlbare Ladeinfrastruktur. Das ist sicher nicht neu, aber das muss jetzt und nicht erst nach den Neuwahlen angegangen werden, und zwar von allen politischen Verantwortlichen in Deutschland.
Heißt das nicht auch, dass wir den Abwanderungsprozess der Zulieferer stoppen müssen?
Dr. Katzek: Genau das! Unser großer Wettbewerbsvorteil in Ostdeutschland war und ist der breite Mittelstand in den KMUs, die mit exzellenter Fachkompetenz und kurzen Wegen die Automobilwirtschaft genauso geprägt haben, wie die renommierten OEMs.
Neben der Attraktivität der e-Fahrzeugnutzung muss unbedingt auch die Attraktivität des Investlandes Deutschland wieder verbessert werden. Gezielte Förderungen in neue Bereiche für alle Interessenten, unabhängig davon ob bereits Vorleistungen erbracht wurden oder nicht, und attraktive Produktionskosten sind dringend erforderlich.
Mit TraWeBa wurde ein Projekt initiiert und gefördert, das genau darauf abzielt. Die Batterie ist der Kompetenzträger der E-Fahrzeugflotte. Und diese Kompetenz braucht es auch zukünftig als Wettbewerbsvorteil in Deutschland. Wir sehen Sie hier die Situation in Ostdeutschland?
Dr. Katzek: Das ist eher komplex. Bei TraWeBa haben sind deutschlandweit viele unterschiedliche Akteure zusammengeschlossen. Wir können das nicht nur auf Ostdeutschland herunterbrechen. Aber: Gut, dass wir beispielsweise mit dem chinesischen Konzern CATL im thüringischen Arnstadt ein Unternehmen haben, das in diesen Prozess hervorragend einzahlt. Batteriezellen Made in Ostdeutschland klingt gut und unsere OEMs sind alle samt in den ostdeutschen Werken gut aufgestellt, haben die Transformation hervorragend gemeistert und könnten voll durchstarten, wäre da nicht der Markt. Und genau dieser schwächelt extrem stark.
Ich sehe auch die zwingende Notwendigkeit der Verstetigung des Projekts TraWeBa über Mitte 2025 hinaus. Es ist noch viel zu tun und ohne gesteuerte Vernetzung wird es schwierig werden. Das muss unabhängig von kommenden politischen Entscheidungen passieren. Daran arbeiten wir alle gemeinsam.
Kommen wir abschließend nochmals zurück auf das Positionspapier des ETA. Was sind die Kernelemente des Papiers?
Dr. Katzek: Die Automobilindustrie ist von herausragender Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Im Jahr 2023 erzielte sie einen Umsatz von 564 Milliarden Euro allein in der inländischen Produktion. 780.000 Menschen sind in Deutschland direkt in der Automobilindustrie beschäftigt. Die Branche investierte 2022 28,7 Milliarden Euro in interne Forschungs- und Entwicklungsarbeiten – das entspricht etwa 35 Prozent der internen F&E-Aufwendungen der gesamten deutschen Wirtschaft. Die Zulieferunternehmen sind ein wesentlicher Bestandteil der Automobilindustrie und vornehmlich mittelständisch geprägt. Die Transformation der Automobilindustrie in Deutschland ist in vollem Gange. Wir brauchen ein zukunftsweisendes Wirtschaftsklima in Deutschland, um es mit diesem Wortspiel zu umschreiben.
Konkret heißt das:
Zügiger und konsequenter Bürokratieabbau ohne parallel gleich wieder neue Hürden aufzubauen
Reform der Förderpolitik mit viel stärkerer Fokussierung auf die Wirtschaft und Zukunftstechnologien
Kalkulierbare und für die Wirtschaft bezahlbare Energiepolitik inkl. der Investitionen in die Netzinfrastruktur
Transformationsorientierte Schaffung von Marktanreizen für Zukunftstehemen wie beispielsweise die e-Mobilität
Und auch wenn es keiner mehr hören kann, wir müssen weiter intensiv in unsere Belegschaften investieren. Gute Bildung ist ein echter Wettbewerbsvorteil.
Herr Dr. Katzek, herzlichen Dank für dieses Gespräch und ein kleines Augenzwinkern sei abschließend erlaubt: Es ist bald Weihnachten – bekanntlich die Zeit der Wunder! Aber Wunder helfen uns nicht. Das müssen wir schon selber hinbekommen. Der ETA hat vorgelegt.
23 Studien aus der Wissenschaft & Forschung – Batterie & AKKU
Das TraWeBa Summary Briefing Q4/2024 liefert wertvolle Einblicke in die neuesten Fortschritte der Batterieindustrie. Von innovativen Materialentwicklungen in der Batteriechemie über Digitalisierungslösungen in der Produktion bis hin zu nachhaltigen Recyclingansätzen – dieser Bericht beleuchtet Potenziale und Herausforderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft teilen ihre Erkenntnisse, um die Zukunft der Batterietechnologie voranzutreiben.
TraWeBa wirkt mit: Rückmeldung zum Batteriepass der EU-Kommission
Die EU-Kommission strebt mit der Einführung des digitalen Produktpasses (DPP) ein nachhaltigeres Europa an. Der DPP ermöglicht es, digitale Informationen über die Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Rechtskonformität von Produkten zugänglich zu machen. Im Fokus steht die Rückverfolgbarkeit von Batterien, um verantwortungsvolle Herstellung, effizientes Recycling und Transparenz entlang der Lieferkette zu fördern. TraWeBa beteiligt sich aktiv an der Rückmeldung, um standardisierte Ansätze für eine nachhaltige Batteriewirtschaft zu unterstützen.
👉 Lesen Sie jetzt unsere Rückmeldung zum DPP für Batterien!
Digitaler Produktpass: Erkenntnisse aus dem CIRPASS-Projekt
Im Rahmen des TraWeBa-Projekts hatte Techscout Dr. José Diez-Rodríguez die Gelegenheit, mit Dr. Holger Berg vom Wuppertal Institut und Mitglied des europäischen CIRPASS I-Projekts zu sprechen. In CIRPASS II ist er als Mitglied des Expertengremiums aktiv. In diesem Austausch wurde die Bedeutung und Zukunft des Digitalen Produktpasses (DPP) thematisiert, einem zentralen Werkzeug, um Transparenz und Nachhaltigkeit entlang des gesamten Produktlebenszyklus zu ermöglichen. Insbesondere für die Batteriebranche, in der kritische und wertvolle Materialien wiederverwertet werden sollen, stellt CIRPASS I und das inzwischen gestartete CIRPASS II eine wegweisende Initiative dar.